Sexualität ist ein tief persönlicher Teil unseres Lebens, und jeder Mensch hat seine eigenen Wünsche, Fantasien und Neigungen. Einige sexuelle Vorlieben sind allerdings häufig mit Scham behaftet – vielleicht, weil sie von gesellschaftlichen Normen abweichen, weil wir selbst sie noch nicht vollständig akzeptiert haben oder weil wir Angst davor haben, wie unser Partner darauf reagieren könnte. Der Gedanke, über solche Fantasien zu sprechen, kann einschüchternd sein, besonders wenn die Angst vor Ablehnung oder Missverständnissen groß ist. Aber Kommunikation über Sexualität ist oft entscheidend für eine gesunde und erfüllende Beziehung – oder mindestens für eine lustvolle Sexualität.
Wie kannst du also mit deinem Partner über eine sexuelle Neigung sprechen, für die du dich schämst? Hier sind ein paar Schritte, um dieses schwierige Gespräch mit Sensibilität und Vertrauen anzugehen.
1. Akzeptiere deine Neigung – und deine Scham
Der erste Schritt, bevor du mit deinem Partner sprichst, ist, deine eigene Neigung zu akzeptieren. Scham entsteht oft dadurch, dass wir etwas als „falsch“ oder „unpassend“ empfinden, obwohl sexuelle Vielfalt ein natürlicher Teil des Menschseins ist. Verstehen, dass sexuelle Wünsche sehr unterschiedlich und ausgesprochen individuell sind, kann helfen, die Scham abzubauen. Nimm dir Zeit, dich mit deiner Neigung auseinanderzusetzen und zu erkennen, dass sie ein Teil von dir ist – unabhängig davon, ob du sie auslebst oder nicht.
Tipp: Es kann hilfreich sein, sich mit Ressourcen wie Büchern, Artikeln oder Foren zu beschäftigen, in denen deine Neigung thematisiert wird. So merkst du, dass du mit deinen Wünschen nicht allein bist.
2. Wähle den richtigen Zeitpunkt und Ort
Ein offenes Gespräch über Sexualität erfordert den richtigen Rahmen. Wähle einen Zeitpunkt, zu dem ihr beide entspannt seid und euch Zeit füreinander nehmen könnt. Vermeide stressige Situationen oder Momente, in denen einer von euch abgelenkt oder angespannt ist. Ebenso wichtig ist es, einen privaten und sicheren Ort für das Gespräch zu wählen, damit ihr euch beide wohlfühlt und ungestört sprechen könnt.
Tipp: Ein guter Zeitpunkt könnte ein ruhiger Abend zu Hause sein, wenn ihr entspannt seid und ungestört miteinander reden könnt. Vielleicht kündigst du das Gespräch vorher auch an oder fragst ganz konkret, ob dein Gegenüber gerade Zeit und mentale Kapazität für ein Gespräch hat.
3. Beginne behutsam und ehrlich
Es kann sehr schwer sein, über eine sexuelle Neigung zu sprechen, für die man sich schämt. Aber Ehrlichkeit ist der Schlüssel. Statt direkt in die Details deiner Fantasie zu gehen, könntest du das Gespräch behutsam einleiten, indem du deine Gefühle und deine Unsicherheit offen ansprichst. Du könntest deinem Partner zum Beispiel sagen: „Es gibt etwas, das ich gerne mit dir teilen möchte, aber es fällt mir schwer, darüber zu sprechen, weil ich mich ein wenig dafür schäme.“
Indem du deine Verletzlichkeit zeigst, gibst du deinem Partner die Möglichkeit, empathisch und verständnisvoll zu reagieren. Solche Gespräche erfordern Mut, und dein Partner wird das vermutlich anerkennen.
4. Erkläre den emotionalen Hintergrund deiner Neigung
Wenn du über deine sexuelle Neigung sprichst, kann es hilfreich sein, den emotionalen oder psychologischen Hintergrund deiner Fantasie zu erklären. Oft sind sexuelle Vorlieben mit bestimmten Bedürfnissen, Wünschen oder Gefühlen verbunden – sei es das Bedürfnis nach Nähe, Vertrauen, Kontrolle oder Freiheit. Indem du den emotionalen Aspekt deiner Neigung erklärst, kann dein Partner besser verstehen, warum dich diese Fantasie reizt.
Tipp: Anstatt nur die konkrete sexuelle Fantasie zu beschreiben, könntest du sagen: „Was mich an dieser Vorstellung reizt, ist das Gefühl, dabei loslassen zu können.“
5. Erwarte nicht sofortige Zustimmung oder Ablehnung
Es ist wichtig, realistische Erwartungen an das Gespräch zu haben. Dein Partner könnte überrascht oder unsicher reagieren, wenn du ihm zum ersten Mal von deiner sexuellen Neigung erzählst – besonders, wenn diese für ihn ebenfalls neu ist. Erwarte nicht sofort eine klare Zustimmung, aber auch keine Ablehnung. Genauso wie du Zeit gebraucht hast, um dich mit deiner Fantasie auseinanderzusetzen, benötigt dein Partner möglicherweise auch etwas Zeit, um das Gehörte zu verarbeiten.
Tipp: Du könntest deinem Partner Raum geben, indem du sagst: „Ich verstehe, dass das vielleicht überraschend/ neu/ ungewöhnlich für dich ist. Nimm dir ruhig Zeit, darüber nachzudenken.“
6. Respektiere die Grenzen deines Partners – und fordere Respekt ein
Nicht jede sexuelle Fantasie oder Neigung wird in einer Beziehung ausgelebt – und das ist vollkommen in Ordnung. Es ist wichtig, die Grenzen deines Partners zu respektieren, auch wenn er nicht bereit ist, deine Fantasie zu teilen oder auszuprobieren. Eine respektvolle Kommunikation über Sexualität bedeutet nicht, dass alle Wünsche erfüllt werden müssen, sondern dass beide Partner ihre Bedürfnisse und Grenzen ehrlich miteinander teilen. Gleichzeitig darfst du erwarten, dir wünschen, vielleicht sogar einfordern, dass deine Neigung nicht herabgewürdigt, sondern grundsätzlich respektiert wird.
Tipp: Mach deinem Partner deutlich, dass du keinen Druck ausüben möchtest: „Mir ist wichtig, dass wir darüber sprechen können, aber es ist völlig in Ordnung, wenn du dich damit nicht wohlfühlst.“ Fordere, wenn nötig, einen respektvollen Umgang ein: „Ich verstehe, dass du damit haderst, aber ich möchte, dass du auf abwertende Äußerungen verzichtest. Ich erwarte nicht, dass du meine Wünsche teilst oder auslebst, aber ich wünsche mir, dass du mich nicht dafür abwertest.“
7. Pflegt eine offene und kontinuierliche Kommunikation
Sexualität ist dynamisch und entwickelt sich oft im Laufe einer Beziehung weiter. Es kann sein, dass dein Partner nach dem Gespräch Zeit braucht, um über deine Neigung nachzudenken – und vielleicht wird er später darauf zurückkommen. Wichtig ist, dass ihr weiterhin offen über eure Wünsche und Gefühle sprecht und eine Atmosphäre schafft, in der solche Gespräche ohne Scham stattfinden können.
Eine einmalige Unterhaltung reicht oft nicht aus, um alles zu klären. Stattdessen sollten Gespräche über Sexualität Teil einer fortlaufenden, offenen Kommunikation sein. So könnt ihr gemeinsam herausfinden, was für euch beide funktioniert und was nicht.
Fazit
Es braucht Mut, deinem Partner von einer sexuellen Neigung zu erzählen, für die du dich schämst. Doch offene und ehrliche Kommunikation ist der Schlüssel zu einer gesunden und erfüllenden Beziehung. Indem du deine Gefühle teilst, behutsam vorgehst und die Grenzen deines Partners respektierst, könnt ihr einen Weg finden, der für euch beide funktioniert. Jeder Mensch hat seine eigenen sexuellen Wünsche und Fantasien, und es gibt keinen „richtigen“ oder „falschen“ Weg, sie zu empfinden. Die wichtigste Grundlage ist der gegenseitige Respekt und das Verständnis füreinander – und das kann eine Beziehung langfristig stärken und vertiefen.
Falls du oder ihr dennoch das Gefühl habt, bei diesem Gespräch Unterstützung zu brauchen oder ihr möchtet nun den nächsten Schritt gehen und über mögliche Realisierungen und Umsetzungen sprechen, dann meldet euch gern bei mir oder einem Sexualtherapeuten / -berater, dem ihr euch anvertrauen könnt.